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Die dunkle Seite der (BRD-) Psychiatrie
Der Psychiater Heinz Faulstich ("Hungersterben in der Psychiatrie 1914-1949", 1998) hat als erster Vertreter seines Faches die Ermordung mittels Hunger dokumentiert. Faulstich gibt für die Nachkriegszeit eine Mindestzahl von 20 000 Toten an, wahrscheinlich seien es jedoch erheblich mehr. Eine Bestandsaufnahme insgesamt scheitert daran, daß zahlreiche Anstalten ihre Unterlagen vernichtet haben.
http://bidok.uibk.ac.at/library/beh6-99-ns.html?use_altcss=true
Belegt ist etwa der Fall eines vierjährigen Jungen, der noch Ende Mai 1945 in Kaufbeuren durch Giftinjektion getötet wurde, obwohl die US-Armee die Stadt bereits besetzt hatte.
http://www.zeit.de/news/artikel/2006/10/11/76788.xml
Die ab Herbst 1945 wirksam werdenden Versorgungsstrukturen oblagen den deutschen Behörden und die Lebensmittelzuweisung erfolgte zu Ungunsten der Patienten. Die Alliierten mussten die deutschen Behörden ermahnen, den Gleichheitsgrundsatz zu wahren. Faulstich vermutet, dass die schlechte Versorgung auf die nationalsozialistische Grundhaltung der Anstaltsleitungen und des Pflegepersonals zurückzuführen ist.
http://www.studienkreis-widerstand-1933-45.de/archiv/xxbuch/bb055.html#Hunger
Die Schatten der Vergangenheit waren in den 1950er Jahren noch präsent. Darauf verweist die Ansiedlung einer Abteilung des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung in einem Gebäude der Landesheilanstalt Marburg ab 1949. Als "Kaiser-Wilhelm-Institut" hatte die Einrichtung in der NS-Zeit die Krankenmorde für Forschungen an Gehirnen der Opfer in Berlin/Brandenburg genutzt. Auch die Frühphase der Karriere von Prof. Dr. Werner-Joachim Eicke, seit 1939 Assistent am Institut, stand mit derartigen NS-Forschungen in Verbindung. Von 1955 bis 1974 leitete Direktor Eicke das Psychiatrische Krankenhaus Marburg.
http://www.lwv-hessen.de/webcom/show_article.php/_c-289/_nr-40/i.html
Einer der meistgeehrten Psychiater der Nachkriegszeit war Prof. Helmut E. Ehrhardt, Mitglied der NSDAP ab 1937, Ordinarius für Gerichtliche und Soziale Medizin in Marburg. Ehrhardt tat sich vielfach als Weißwäscher der Nazi-Psychiatrie hervor. 1963 meinte er in einem Gutachten für das Bundesfinanzministerium: "Eine Entschädigungsregelung für die Sterilisierten würde in vielen Fällen zu einer ... Verhöhnung des echten Gedankes der Wiedergutmachung." Ehrhardt wurde mit der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der deutschen Ärzteschaft, geehrt. Er war u.a. Mitglied des Beirats für Seelische Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation, des ethischen Komitees und der forensischen Sektion des Weltverbandes für Psychiatrie, zuletzt auch Ehrenmitglied.
Täterschutz galt bis zum Tode: Die Todesanzeige der Ärztekammer Niedersachsen für Dr. med. Klaus Endruweit, zum Vergasen in der Anstalt Sonnenstein in Pirna eingesetzt: "Wir werden seiner ehrend gedenken." Die Todesanzeige der Klinik Wunstorf für Hans Heinze, dem ehemaligen Leiter der größten Kindermordstätte der NS-Zeit: "Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren." In der Todesanzeige der Universität Kiel für Prof. Werner Catel, verantwortlich für den Kinder-Massenmord, heißt es, er habe "in vielfältiger Weise zum Wohle kranker Kinder beigetragen". Die Traueranzeige der Psychiatrischen Universitätsklinik Düsseldorf für Prof. Friedrich Panse gipfelt in dem Satz: "Ein Leben der Arbeit im Dienst leidender Mitmenschen... ist vollendet." Panse war T4-Gutachter, d.h. er gutachtete Patienten in die Gaskammer.
http://bidok.uibk.ac.at/library/beh6-99-ns.html?use_altcss=trueWährend in dieser Ausstellung ("Tödliche Medizin – Rassenwahn im Nationalsozialismus")die psychiatrischen Morde an über 200.000 Anstalts- und Heiminsassen ab 1939 und die rigorosen Zwangssterilisierungen an 350- 400.000 Menschen ab 1934 im NS-Regime als "Rassenwahn" angeprangert werden, verweigert der Deutsche Bundestag seit Jahrzehnten bis heute die Feststellung, dass das NS-Erbgesundheitsgesetz vom 14. Juli 1933 rechtlich nicht mehr existiert und mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Seine Begründung: Schon v o r 1933 lag ein solcher Gesetzentwurf in der Schublade. So hatten 9 theologische Leiter ev. kirchlicher Anstalten der Inneren Mission (heute Diakonie) – unter ihnen der namhafte Pastor Fritz v. Bodelschwingh in Bethel – und 7 ihrer leitenden Ärzte schon im Mai 1931 auf einer "Fachkonferenz für Eugenik" in Treysa ein Sterilisationsgesetz und die Verabschiedung des Bewahrungsgesetzes zur Asylierung behinderter Menschen gefordert.
http://www.bpe-online.de/infopool/geschichte/pb/buck-koehler.pdfAuch in den USA befürworteten Wissenschaftler vor dem 2. Weltkrieg die "Euthanasie" genannte Ermordung von Patienten. Es wurden aber nie entsprechende Gesetze verabschiedet.
Insgesamt wäre den Publikationen über die NS-"Euthanasie"-Verbrechen mitunter eine größere Aufmerksamkeit der Fachöffentlichkeit zu wünschen, denn nach wie vor halten sich darüber selbst unter Zeitgeschichtlern hartnäckig einzelne Legenden. Eine dieser Fehlinformationen besagt, die Krankenmorde seien durch den Protest der Bevölkerung 1941 beendet worden. Tatsächlich gingen die Morde auch nach dem sogenannten "Euthanasie-Stopp" Hitlers vom August 1941 unvermindert weiter. Dass neben den Morden mit Medikamenten dabei insbesondere der Mord durch Nahrungsentzug eine bislang immer übersehene entscheidende Rolle spielte, weist der Psychiater Heinz Faulstich, ehemals stellvertretender Leiter eines psychiatrischen Krankenhauses in Baden-Württemberg, eindrucksvoll nach. In seiner außerordentlich umfangreichen und umfassend recherchierten Studie Hungersterben in der Psychiatrie 1914-1949 belegt der Autor detailliert (auch mit umfangreichem Zahlenmaterial), dass allein in den staatlichen Anstalten mehr Menschen durch Nahrungsentzug ermordet wurden als bei den Gasmorden der Jahre 1940 und 1941.
http://www.fritz-bauer-institut.de/rezensionen/nl18/sandner.htm
Interne Links:
- Unerklärlich starke Zunahme und regionale Unterschiede in der Zwangseinweisungspraxis
- Entwurf einer Patientenverfügung zum Schutz vor Zwangsbehandlungen
- FAQs zum Thema Zwangsbehandlung
- Weitere Informationen zum Betreuungsrecht
- Ausführliche Darstellung der Rechtslage zur Zwangsbehandlung
- Entwurf einer Vorsorgevollmacht und Informationen dazu
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